23. April 2017 / Marathon - Zum Ersten, zum Zweiten.... Eigentlich war meine Marathonpremiere schon im Herbst 2016 in Frankfurt. Eigentlich... denn uneigentlich kann ich diese nicht annehmen. Denn ich habe versagt - um 19 bzw 20s versagt.... Das Minimalziel nicht erreicht. 5:00:19 stehen auf der Uhr bei Überqueren der Ziellinie. Zu der Zeit war ich allerdings schon angemeldet für den nächsten Marathon. Eben jenen in Hamburg. Ein ganz besonderes Schmankerl, im Norden, bei meiner Schwester, bei Freunden. Immer wenn ich im Vorfeld darüber nachdachte, wurde ich total aufgeregt und fieberte diesem Lauf entgegen, der definitiv ein Emotionslauf werden würde. Ja, die Rechnung von unter 5h hatte ich auch immer noch offen und es war das auserkorene Ziel.
Ok, es ist also Anfang des Jahres 2017, ein üblicher Winter, mal nass, mal kalt, mal matschig. Früh dunkel. Die Motivation und Energie gering. Aber nutzt nichts. Die letzte Marathonvorbereitung habe ich über einen Zeitraum von 4 Monaten gemacht - das war zu lang. Ca. 3 Wochen vor "dem großen Tag" war die Luft raus, einfach keine Lust mehr aufs ständige Laufen. Dieses Mal einen anderen Plan ausprobiert - etwas modifiziert, da er jedes Wochenende einen 35er Lauf enthielt.... das würde ich vielleicht mit dem Rad schaffen, aber nicht per pedes. Also Streckenlängen etwas angepasst, sonst den Plan so angegangen und auch relativ gut umgesetzt. Aber er ging eben auch nur über 8 Wochen. nach etwa 1,5 Wochen wurde ich krank und musste erst einmal für 2 Wochen komplett aus dem Training aussteigen. In diese Zeit fiel auch noch der Test-Halbmarathon.... naja,... doof gelaufen, aber man kann nicht alles haben. Ich bin ganz froh, dass ich dann den Einstieg wieder gut geschafft habe und bis zum Ende durchtrainieren konnte.
Und schon ist der Freitag vor dem Marathontag gekommen. Es geht früh zum Zug, ich fahre zu meiner Schwester samt Familie. Ein tolles berauschendes Gefühl. Die Zugfahrt unspektakulär und ausnahmsweise ohne Verspätungen oder ähnliches. Schon auch mal 'ne Erwähnung wert. Erster Halt in Hamburg, Blick aus dem Fenster,... dann war es vorbei. Die Aufregung war vollends angekommen. Das Wetter typisch norddeutsch, aber das war zu erwarten. Immerhin war es für den Sonntag überwiegend trocken angesagt. Samstag noch einen schönen Tag im Kreise der Lieben verbracht. Nachmittags Startunterlagen abholen gefahren. Alles glatt gegangen. Super. Die Nächte waren aber eher durch schlechte Gedanken bzw. allgemein Gedankenmacherei geprägt und irgendwie einem Gefühl von ... Schwere, Unsicherheit, Panik.... D.h. der Schlaf kam etwas kurz.
Sonntagmorgen. Durch Unruhe im Bett und nicht ganz geschlossene Jalousien, d.h. es war zu hell zum erholsamen Schlafen, war die Nacht anstatt um 6 bereits um 5 Uhr zu ende. Egal. Macht nun auch nichts mehr. Die Lust zu Laufen war jedenfalls nicht vorhanden. Vielleicht schlief sie noch oder wartete bis ich an der Startlinie stehen würde. Frühstück. Alles gut. Auf zum Bahnhof, eben mal kurz die 20 Minuten nach Hamburg mit der Bahn reinfahren. Aber.... auf die Bahn ist eben doch Verlass. "Wegen spontaner Bauarbeitenverlängerung 25 Minuten Verspätung"... später 35, final 56 Minuten. Ein Glück waren auf dem Bahnsteig noch mehrere Läufer. 4 Autos wurden vorab schon befüllt und machten sich so auf den Weg nach Hamburg. Nach einigem Hin- und Hertelefonieren - Taxi war natürlich auch nicht frei - erbot sich einer der Läufer mit dem Wagen zu fahren. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle an Michael L.. Nach Hamburg rein ging es dann relativ schnell. Dort eine SBahn-Station gesucht, die ein weiteres Fahren ins Zentrum vermeiden ließ. So kam ich 25 Minuten vor Startschuss nahe der Startlinie an. Noch fertig Umziehen (ein Teil war bereits auf dem Weg in die Stadt erledigt), Beutel abgeben, der übliche Toilettenbesuch, zur Startgruppe laufen.... 2 Minuten nach dem Startschuss der ersten Startgruppe war das alles erledigt. ^^ Also pünktlich.
Da es keine genauere Angabe gab, hatten Schwesterherz und ich uns am Tag zuvor ausgedacht, dass ich etwa nach 15 Minuten selbst starten würde. Das war wichtig für die Planung ihrerseits wann sie wo sein müsste, um mich immer wieder zu erwischen. Pünktlich nach 13 Minuten überquerte ich die Startlinie und begab mich ein zweites Mal in meinem Leben auf das Abenteuer 42195m. Diesmal... langsam angehen. Der erste Halbmarathon letztes Mal war zwar total spitze, es lief einfach und es lief durch, aber der zweite war dagegen umso mieser.... Die ersten km habe ich perfekt meine Pace erreicht, die ich laut Trainingsplan laufen sollte. Dass ich die nicht über die ganze Strecke halten würde, war mir auch klar, und dass ich so weniger Puffer auf die zweite Halbzeit rauslaufen würde, war mir ebenso klar. Aber auch alles irgendwie egal. Ich hatte nur ein Ziel: unter 5 Stunden. Km 3 kam, meine Familie stand zum ersten Mal am Rand. Ich durfte außen rum laufen, während sie quer durch konnten: Km 10 das zweite Mal. Ein Stopp und erstmal ein Gel genießen.... klebrige Angelegenheit.... naja. Es ging mir noch recht gut. Der Schnitt war optimal, die Geschwindigkeit super, das Wetter... naja, hatte sich auch wieder beruhigt, nachdem es beim Start einen kurzen Regenschauer gegeben hatte. Es war zwar nur 6 Grad etwa, aber trocken und nicht arg so stürmisch. Dafür kann man sich anziehen und das war ich perfekt. Zwischendurch immer mal wieder ein kleiner Gruß von der Sonne... also sehr gutes Hamburger Wetter ^^
Bei km 16 etwa fing es aber dann schon an, dass ich mich von dem Gedanken habe ziehen lassen, dass bald wieder ein Punkt erreicht wäre, wo meine Familie steht... Was für ein wahnsinnig schönes Gefühl und welche Motivation und Kraft dieses einem gibt, wenn man von außen so angefeuert wird, wenn diese es ehrlich meinen und sich einfach so mitfreuen, obwohl sie selbst mit dem Sport so gar nichts am Hut haben. Wahnsinn. Unbeschreiblich.
Währenddessen habe ich schon gemerkt, dass ich mir Blasen laufen werde. Beidseitig.... wie üblich... und da war auch der Punkt erreicht, wo ich echt auch am Zweifeln war, ob ich die 42195m dieses Mal wirklich erreichen würde oder erreichen wollte. Aber auch hier hat mir das Wissen der Unterstützung so viel Kraft gegeben, dass ich einfach nicht aufhören konnte. Ich wollte gerade diese 4 Menschen nicht enttäuschen, die bei diesem Wetter und insgesamt so viel in diesen Tag investierten. So zog es sich dann viele km durch. Der absolute Tiefpunkt blieb aus, auch zwischen km 25 und 30. Bei Km 28 verabschiedeten wir uns bis zu Km 35. Und es tat meiner Schwester schon fast leid - vermutlich sah ich schon recht bescheiden aus ^^. Aber ich lief weiter. Lief erst von Verpflegung bis Verpflegung (nicht Wasserstelle) und dann ab Km 33 wusste ich, es sind nur noch 2 km. 35 war aber niemand... ok, ich wusste, die Verbindung mit der Bahn war auch manchmal recht knapp. Konnte ja sein, seh ich sie eben am nächsten Punkt. Also musste ich einfach noch ein paar km weiterlaufen. Wahnsinn... es klappte einfach. Und bei km 38 standen sie dann plötzlich.... Hammer... Ich habe schon zwischendurch immer mit den Tränen gekämpft, wenn ich daran gedacht habe, was die Vier für mich tun. Es war eine Erlösung irgendwie, es war grandios... ich kann es gar nicht so richtig in Worte fassen.... Dann wurde ich bis km 41 verabschiedet und von dort (war ca. 41,8) ins Ziel geschickt. Da stand dann auch noch mein bester Freund... Ich wollte eigentlich nur noch die Welt umarmen.
Und die weitere Belohnung... durch dieses ganze Ziehen und gedankliche Motivieren durch den Support habe ich keine enorme Schwäche zugelassen - auch wenn ich natürlich immer langsamer wurde und auch zwischendurch an den Verpflegungsstellen gegangen bin - und habe mein Ziel erreicht: 4:57:36 geil geil geil... einfach nur noch Heulen. Meine Füße sind zwar dermaßen im Eimer, weil ich durch die gemerkten sich entwickelten Blasen dagegen angelaufen bin und dann vermutlich 'ne Überlastung erlaufen haben, aber der Muskelkater in den Oberschenkeln ist ehrlich erarbeitet und daher quasi schön.... ^^ Die Waden wurden mit Kompression versorgt und dort gab es keine weiteren Beschwerden. Sehr sehr schön alles.....