Don't quit - DO IT

Langdistanzdebüt beim Ironman Frankfurt 2018

Das war er also, der längste Tag des Jahres in Frankfurt, wie er jedes Jahr um die Jahresmitte zelebriert wird. Und ich war dabei, live, als Aktive, als Debütant für die 3,8km schwimmen, 180km radfahren und 42,2km laufen... dieses Jahr sogar 185km auf dem Rad.

Ich versuche mich mal darin, das Erlebte der Tage vorher und des Tages in einem Bericht festzuhalten. Lasst mich soviel vorweg nehmen: es war hochemotional.

Freitag, 06.07.2018

Für Freitag stand auf der Agenda: Registrierung und Race Briefing. Beides in der City von Frankfurt. Da das Race Briefing aufgrund technischer Schwierigkeiten kurzfristig um 1 Stunde verschoben wurde, konnte ich vorher schnell an der Registrierung vorbeihuschen und meine Unterlagen abholen, mir das verpflichtende Bändchen für das Wochenende umschnallen lassen und den Eventrucksack, der dieses Jahr aus einer Mischung aus Sporttasche mit Rucksackgeschirr besteht, einsammeln. Leider ist die Tasche nicht mit Jahresaufdruck versehen. Das Briefing fand direkt am Römer statt. Die Tribünen waren bereits aufgebaut, der rote Teppich, der einen am Sonntag zur Finishline bringen sollte, war schon ausgelegt. Ein wenig Stimmung kam auf, aber ich fühlte mich immer noch sehr ruhig.

Samstag, 07.07.2018

To Do-Liste für den Tag: Wechselbeutel mit den notwendigen Materialien bestücken, d.h. Klamotten final zusammensuchen. Rad einchecken am Langener Waldsee, Wechselbeutel abgeben und damit die größten Brocken für den Sonntag erledigen. Wechselbeutel hieß in dem Fall, Beutel für die Utensilien für’s Rad sowie für’s Laufen. Den für die Afterrace-Sachen konnte man am Sonntag noch abgeben. Vorsichtshalber - man weiß ja nie, was das Wetter für Spirenzien macht - hab ich sogar je ein Trikot in die Wechselbeutel gepackt. In der Hoffnung, sie nicht nutzen zu müssen, denn auf Frieren hatte ich keine Lust.

Am Nachmittag ging es dann zusammen mit dem Rad im Auto an den Langener Waldsee. Es waren noch Zufahrtsstraßen offen, so dass es dort weniger Probleme mit der Anfahrt gab. Nur da einige Athleten mehr ebenfalls ihr Rad einchecken mussten, parkten wir eben doch ein kleines Stück weiter hinten. So hieß es dann mitsamt Beutel und Rad erst einmal etwa 800m entlang der einen Seeseite und weitere 1200m entlang der zweiten Seeseite wandern.

Mich und das Rad in die Wechselzone einchecken war schnell gemacht. Die Beutel waren zuhause bereits vorbereitet, die Ausstattung am Rad (Getränke und Gels) würden am Sonntag morgen direkt dort angebracht, so dass es alles in allem recht schnell ging. Also wieder raus aus der Wechselzone und einen Blick riskieren auf die Schwimmstrecke, auf den Start, den Landgang, den Ausstieg. Es war bereits viel vorbereitet. Die restlichen Tore und Co wurden zu der Zeit gerade aufgebaut. Und bei dem Blick und der irgendwie in der Luft liegenden Atmosphäre, da einige mehr Athleten neben den normalen Badeseegästen vor Ort waren, einige wenige im Neo die Strecke abschwammen, war es schlagartig vorbei mit der Ruhe. Da fing das Drama an, eine leichte Panik, Aufregung pur, die Beine wurden eiskalt, die Hände zitterten. Da war sie, diese alles überschattende Anspannung vor dem, auf was man sich da eingelassen hat, was man da wirklich am nachfolgenden Tag zu tun gedenkt, auf was man sich aber auch seit 8 Monaten vorbereitet hat, sich einem Trainer unterstellt hat. Dennoch war es bei mir keine Panik, dass ich zu wenig getan hätte, zu wenig trainiert. Daran habe ich keine Sekunde gedacht, was schon mal sehr positiv zu vermerken ist. Vermutlich, weil ich mich voll auf den Trainingsplan eingelassen habe, soweit es mir möglich war, ihn umgesetzt habe, und was man alles dort noch für Gedanken hegen kann. Aber es war eine leichte Panik oder auch nur Muffensausen vor der schier ungreifbaren Distanz, die ich am Sonntag bewältigen wollte. 3,8km schwimmen, 185km radeln und danach noch einen Marathon laufen. Das kann man alles ja mal an einem Tag machen, einzeln, aber alles zusammen, hintereinander weg, ohne Pause? Und das Ganze dann noch in einem vorgegebenen Zeitrahmen?

Der Tag ging dann mit einigen solchen Gedanken, zitternden Händen, richtig richtig viel Muffensausen weiter bis zur auferlegten Nachtruhe, die keine werden würde.

Dankenswerterweise hatte ich nach Rückkehr aus Langen noch einige Zeit Ablenkung. Hinzu kam, dass gefühlt einfach so unendlich viele Nachrichten von Leuten kamen, die mitfieberten. Auf allen Kanälen. Das hat es emotional nicht einfacher gemacht. Aber schön war es. Ich fühlte mich irgendwie gleichzeitig ein bisschen aufgehoben, ein bisschen aufgefangen, dass so Viele an mich dachten, mir Glück und Erfolg wünschten, an mich glaubten... schon da fand das Gefühlskarussell des Wochenendes seinen ersten oder zweiten Höhepunkt nach den Momenten am Langener Waldsee, die ich mit meinem Schatz erleben durfte.

Sonntag, 08.07.2018

Nachdem ich mich den Samstagabend mit dem Beantworten zahlreicher Nachrichten ablenkte und dann doch noch mal etwas über Langdistanz las, verzog ich mich um 21:30 ins Bett. Wahnsinnig groß war die Hoffnung nicht, auch nur annähernd Schlaf zu finden... wenigstens ein bisschen war die Hoffnung, denn um 3:30 klingelte bereits wieder der Wecker. Bis um 12 mehr oder weniger nur gewälzt, danach immerhin immer mal wieder ein wenig geschlafen.

3:40... die normale Uhrzeit, zu der man sonntags aufsteht.... Erstaunlicherweise war sie dann da, die Routine vor einem Wettkampf. Kaffee und Frühstück wurde aufgrund der Zeit allerdings vermischt mit den restlichen Vorbereitungen. Noch ein kleines Handtuch für den Bikebeutel, Gels nochmal neu sortieren für die Verpflegung auf dem Rad, Wasserflasche und Gelbombe fertig vorbereiten. Die Uhr hat über Nacht geladen und ich war morgens gespannt, ob sie mich bis ins Ziel begleiten oder doch aufgrund mangelnder Akkuleistung vorher aussteigen würde.

4:35 stand mein Taxi vor der Tür, ein Kumpel, der mich den Tag in Frankfurt supporten und abends wieder das Taxi nach Hause stellen würde. Dank des Hinweises beim Racebriefing wusste ich, dass ich das Navigieren übernehmen musste. Hat gut geklappt, sicher und pünktlich am Ziel angekommen. Station 1: Langener Waldsee. Morgens 5:35 bin ich in die Wechselzone 1 rein, um die letzten Tätigkeiten am Rad zu machen, nochmal an den Bikebeutel und Afterrace-Beutel abgeben. Dummerweise habe ich meine Hose anbehalten und vergessen in den letzten Beutel zu packen. Dank Supporter war das aber weniger das Problem.

Vor der Wechselzone am Strand bin ich auf die Vereinskollegen getroffen, die entweder selbst starten oder den Tag supporten. Dann hieß es für mich, einige ... ja... nervöse Momente zu erleben, denn mein Liebster hatte mir zwar prinzipiell irgendwie versprochen, mich morgens auf die Reise zu schicken. Leider hat das Finden erst nicht funktioniert. Er war später an der WZ1, wo ich schon wieder raus war. Ich dann am genannter Position, er auf der Suche unterwegs. Als ich mich nach dem kategorischen Toilettengang, dem Anlegen von Badekappe und Neo gegen 6:45 langsam auf den Weg machte in Richtung Schwimmstart, habe ich ihn plötzlich entdeckt. Emotional Overflow Nr. 1 für den Tag, vor Freude traten mir relativ unkontrolliert die Tränen in die Augen. Dieser Moment war so wichtig für mich, Wahnsinn. Freunde und Mitstreiter habe ich dann auch noch gefunden und ihnen Spaß und Glück wünschen. Dann war es Zeit, sich zu verabschieden. Ein Kuss, in dem so viel lag und der mich so weit tragen würde, schickte mich in Richtung Schwimmstart. Langsam tauchte ich in vollkommener Ruhe in die Masse aus Athleten in schwarzen Neoprenanzügen ein, ließ mich Stück für Stück weiter in Richtung Wasser schieben.

Um 6:55 Uhr schaute ich ein letztes Mal auf die Uhr und machte sie bereit für das Tracking des Projektes Langdistanz.

Ehe ich mich versah, stand ich in erster Reihe am Start und durchquerte die Absperrgitter. Der Gang ins Wasser, der kühlende Schock aus der warmen Sonne in die nassen Fluten. Schon schwamm ich. Orientierung nach vorne, Schwimmseite rechts. Wie üblich. Leider war es ein Kurs links herum, so dass die rechte Seite die eher ungünstigere Position war, aber mitten im Pulk wollte ich nicht landen, sondern bereits in der ersten Disziplin meinen Rhythmus gut finden.

Nach wenigen Metern holte mich der Gedanke ein, zu was ich gerade gestartet war. Langdistanz, Ironman, ... irrsinnig... Vor 8 Jahren noch Couchpotatoe... Allerdings hat es mich auch nicht so richtig aus der Ruhe bringen können. Ich war im Modus angekommen. Jetzt hieß es auch erst einmal 3,86km schwimmen. Nach etwa 400m hatte ich für die erste Gerade meine Füße gefunden, an denen ich gut dranbleiben konnte ohne zu schnell oder zu langsam schwimmen zu müssen. Leider hab ich sie an der ersten Wende nach ca 800m wieder verloren. Die erste Rückgerade war aufgrund tief stehender Sonne nicht ganz so einfach hinsichtlich Orientierung, aber irgendwann hat es funktioniert, dass ich mich ganz gut an dem Torbogen für den Landgang orientieren konnte. Da musste ich nun eh erst einmal hin.

Landgang... Zeit kannte ich nicht. Es war mir aber nicht wichtig. Ich hatte das Gefühl, dass es ganz gut lief und mehr wollte ich zu der Zeit auch gar nicht wissen. Die Steine unter dem Füßen taten etwas weh. Freunde standen direkt am Gatter des Landganges und schrien mich an. Es war toll. Ich fühlte mich gut. Und dann ging es schon wieder rein ins Wasser. Rauf auf die zweite Runde, die etwas länger war als die erste. Der Hinweg ans andere Ende des Langener Waldsees war wieder sehr angenehm. Auch hier wieder mach einigen Metern Füße gefunden. Hinten quer schwimmen. Dort wurde es etwas unruhiger, weil voller, mehr Gewühle und durch die Masse an Armen und Füßen und blendender Sonne war die Orientierung wieder dahin. Ich habe mich dann erstmal entschieden, einigermaßen an irgendwelchen Füßen dranzubleiben und auf deren Orientierung zu vertrauen bis ich selbst wieder sehen würde, wo ich hinmusste. Irgendwie hatte ich mir aber eine Boje zu wenig gemerkt und war etwas enttäuscht, dass es hinter der Boje noch geradeaus ging und ich nicht schon links abbiegen durfte. Gut, dann eben das, dachte ich mir. Bei der nächsten durfte ich aber abbiegen und ab dort waren es noch ca. 800m und dann hätte ich die erste Disziplin schon hinter mir. Ein wenig Gefühlsmischmasch machte sich breit zwischen Zufriedenheit, Enttäuschung, purer Ruhe, Vorfreude, .... ich hatte im Wasser viel Zeit zu denken. Ab und an wurde ich mal eingekeilt, weil der Schwimmer vorne links nach rechts schwenkte und der Schwimmer vorne rechts nach links schwenkte. Komplett aus dem Rhythmus raus musste ich auf der kompletten Strecke zum Glück aber auch nur einmal.

Kurz vor dem Ausstieg... vielleicht 200m waren es noch, schwamm mir leider einer recht heftig in die linke Wade, was zu einem Krampf führte. Einige Meter wurde ich zum einbeinigen Banditen, da ich die andere Seite komplett ruhig halten musste, um den Krampf nicht durchbrechen zu lassen, ihn abzuschwächen und auf keinen Fall mitzuschleppen durch das weitere Rennen, wie letztes Jahr in Wilhelmshaven beim Nordseeman.

Und dann war er schon da, der Torbogen vom Schwimmausstieg. Hoch aus dem Wasser, Brille hochschieben, Neo aufmachen und halb runterziehen. Da die meisten vor mir die Steigung hochwanderten, habe ich jetzt auch nicht viel mehr Gas gegeben. Es würde noch genug Anstrengung geben, da muss ich mich nicht den Berg hoch im Sand nach dem Schwimmen gleich kaputt machen. Das war sie, die erste Etappe des längstem Tag des Jahres. Der Wechsel der Uhr in den ersten Übergang hat mir kurz ein 1:58/100m im Schnitt gezeigt (laut Uhr bin ich ca. 4050m geschwommen). Damit war ich mehr als zufrieden... läuft. Erste Disziplin super sauber im Plan absolviert: check.

Offizielle Zeit (3,86km schwimmen): 1:18:51 (ø 2:05 /100m)

Um 8:16 Uhr ging es für mich also in die erste Wechselzone. Auf dem Weg dahin konnte ich mir noch einen Motivationskuss abholen. Umso schöner, weil er selbst mit dem Irrsinn Triathlon selbst bisher nichts zu tun hat. Mit dem Wechsel von 7:37 bin ich doch recht zufrieden, insbesondere nach dem nachträglichen Vergleich mit meinen Vereinskollegen. Gels wurden verstaut im Einteiler, Schuhe an, Helm an, Nummer um, nochmal eincremen lassen mit Sonnencreme. Die Zeit musste einfach sein.

Start Bike: 8:23 Uhr (meine zuvor kommunizierte Wunsch-/Planzeit lag bei 8:20 Uhr...)

So ging es also auf die lange Reise durch die Wetterau. Anfänglich war die Strecke echt voll und es brauchte einige Zeit, bis ich mich mit den umgebenden Mitstreitern irgendwie sortiert hatte. Die Strecke rein nach Frankfurt, ca 12 km, leicht abschüssig, ... darauf habe ich mich schon lange gefreut. Hier bin ich vor einigen Jahren bereits gefahren, als ich beim City Triathlon Frankfurt gestartet bin. Dieser Abschnitt ist mit einer der schönsten Teilstücke. Mit 35km/h im Schnitt erstmal gemütlich dem anderen hinterherbrettern. In Frankfurt selbst dann auf die eigentliche Runde gehen. Dort wurde es schattig, voll und etwas unruhiger. Meine Gedanken schweiften hier immer mal wieder zu dem Gefühl, das mich am Morgen überkam, als ich meinen Freund doch noch sah vor dem Schwimmstart. Jedes Mal wieder huschte ein Grinsen in mein Gesicht und ein Kribbeln durch den Körper. Das hat mich einige Kilometer begleitet und so ging die Zeit schnell rum, die Kilometer flogen dahin. Nach der Einflugschneise konnte ich sehr gut das Tempo rausnehmen und in meinem Rhythmus weiterfahren. Auf den kleinen Stich das Kopfsteinpflaster hoch habe ich mich idiotischerweise auch schon gefreut. Zum einen hab ich das in einer Trainingsfahrt mal getestet und zum anderen wollte dort eine liebe Vereinskollegin stehen. Durch das Gerüttel und Geschüttel und einen beinahe-Unfall mit einem netten Gespräch hinterher habe ich letztere zwar nicht gesehen, aber ich wusste, dass sie da gewesen sein musste und das war ein gutes Gefühl.

Leider hab ich den Fehler gemacht, bei der ersten Verpflegung auf dem Rad eine Flasche vom Enervit-Iso zu nehmen anstatt mich wie geplant an Wasser und mein Gel zu halten. Der Erfolg waren Magenverstimmungen, die mich den Rest des Tages mehr oder weniger ausgeprägt begleiten sollten. Danach gab es auf dem Rad diesen Fauxpas nicht mehr.... leider dennoch zu spät.

Viel Aufregendes ist auf der ersten Radrunde nicht passiert. Im Briefing hat uns der Sprecher gesagt, man solle auf der ersten Runde die Landschaft genießen. Das hab ich auch getan.

Hühnerberg hoch macht sowieso irgendwie Spaß und das war laut Ausschreibung dann auch schon der längste Anstieg. Diesen wieder runter machte sowieso umso mehr Spaß. In Friedberg auf der ... irgendwie auch unnötigen ... Wendepunktstrecke (angeblich sei es nicht möglich, dass die Radstrecke 180km statt der 185km lang sei) ... gab es ein kleines Stimmungsnest. Was dort für Musik lief, habe ich mir zwar nicht gemerkt, aber es hat mich dort zum Mitsingen verleitet.

Immer wieder gab es Athleten, mit denen ich mir das Bäumchen-Wechsel-Dich-Spiel spielte. Manchmal war es ja durchaus interessant und witzig zu beobachten, wenn mich die anderen überholten, um dann vor mir wieder Tempo rauszunehmen, zu essen, zu trinken, aber es gab leider auch ausreichend andere, die mir zugegebenermaßen etwas auf die Nerven gingen oder mir ob ihrer Fahrweise etwas Angst machten. Schwanken rechts und links, spontane Spurwechsel, oder gleich konsequent mittig bzw. links zu fahren, fand ich dann doch nicht so lustig. Einige konnte ich aber in Enkheim oder am Hühnerberg final hinter mir lassen, andere hab ich noch einige Kilometer weiter mitgeschleppt.

Nach dem Wendepunkt in Friedberg war gefühlt die erste Runde schon geschafft, obwohl es danach noch gut 30km waren und Bad Vilbel noch zwischen mir und Frankfurt lag. Davor hatte ich aber keine Panik mehr. Letztes Mal konnte ich dort doch recht locker hochkurbeln. Und als ich dort ankam, hatte es sogar einen Minianflug vom Solarer Berg. Die Spur wurde immer schmaler, rechts und links gesäumt von Zuschauern, die einen den ersten Abschnitt hochtrugen. Schon echt schön, wenn auch wirklich nur ein Hauch von der Stimmung in Roth. Kurz vor dem Anstieg kam der erste Wagen mit Zeitanzeige an mir vorbei. Da dachte ich mir schon.... es kann doch nicht sein, dass die Pros jetzt Bad Vilbel an mir vorbeidonnern, wo es doch mein erklärtes Ziel für den Tag war, mich nicht von den Pros auf dem Rad überholen zu lassen. Gut, ich bin weitergefahren, unbeirrt. Nicht langsamer und nicht schneller als es meinem Tempo entsprochen hätte. Vor mir haben sich ein paar Athleten abwartend umgeschaut, insbesondere als dann die Motorräder kamen und auch die Sprecher in Frankfurt von dem Abzweig 2. Radrunde/WZ 2 langsam zu hören waren. Vielleicht 50m vor der Kreuzung überholte mich das Führungsmotorrad, aber nicht der Führende. So bin ich auf die zweite Radrunde, ohne überholt worden zu sein und bin einfach mächtig zufrieden und glücklich auf die nächsten und letzten ca. 85km gegangen...

Die zweite Radrunde lief prinzipiell ebenso gut. Etwas langsamer zum Teil, insbesondere auf den Gegenwindstrecken, da der Wind schon deutlich mehr wurde gegenüber morgens. Kilometer 130 ca. fing mein rechter Fuß an, zu mucken. Ob es eine Druckstelle war oder was eingedrückt wurde oder was eigentlich los war, bin ich nicht so ganz schlau draus geworden. Ab und an versucht die Position zu wechseln, den Fuß zu entspannen. Damit war ich dann einige Kilometer beschäftigt, bis ich mal wieder für einige Zeit eine Position gefunden habe, die schmerzfrei war. Naja, so richtig Lust auf Rad fahren hatte ich zu der Zeit gerade nicht mehr, aber .... ich habe mich dann mit meinem Profilplan auf dem Auflieger beschäftigt und versucht zu rechnen, wo ich bin und wie lang noch und überhaupt. Und irgendwie konnte ich damit die restlichen Kilometer noch ganz gut rumbringen. Bis Kilometer 150 etwa hatte ich immer noch eine Athletin bei mir, mit der ich das Wechselspiel spielte und die gefühlt nur am Essen war. Das komplette Trikot war mit Essen in Alufolie ausgestattet. Eine präparierte Trinkflasche hatte auch noch Zeugs in Alu drin. Zwischendrin dann Salz und Getränk. Irgendwie war es schon auch spannend sie zu beobachten und hat mir ein wenig die Zeit vertrieben.

In Bad Vilbel war zu der Zeit schon nicht mehr viel los... das ist echt was ganz anderes als in Roth, wo auch die Altersklassenathleten gefeiert werden bis weit in den Tag hinein, während in Frankfurt im Grunde nach den Pros schon sehr wenig los ist. Das ist echt schade.

Nun hieß es aber auch für mich nur noch nach Frankfurt reinrollen dann durfte ich schon endlich nur noch einen Marathon laufen. Bis dahin habe ich nicht weiter auf die Uhr geschaut, mich rein auf mein Gefühl verlassen.

End Bike: 15:07 Uhr

Offizielle Zeit (185km radfahren): 6:43:43 (ø 27,5 km/h)

Dieses Jahr durften wir unser Rad selbst aufhängen, während bis letztes Jahr noch die Helfer die Räder abnahmen und aufhängten. Sicherlich nach einigen verursachten Schäden nicht ganz verkehrt, dass man selbst dafür verantwortlich war. Das Laufen in den Radschuhen tat zu der Zeit allerdings höllisch weh. Gut, muss man wohl durch. Schuhe ausziehen vor dem Wechselzelt, wenn man sie nicht auf dem Rad auszieht, was ich aber zu wenig geübt habe, ist nicht. Leider habe ich dummerweise den falschen Beutel gegriffen und musste dann nochmals aus dem Wechselzelt zurück. Gut, shit happens, aber dann doch lieber die eigenen Schuhe anziehen, die eigenen Gels einpacken und der anderen Athletin ihre Sachen zu lassen. Mit dem Wechsel von 6:05 Minuten bin ich trotzdem zufrieden. Und dann habe ich auf die Uhr geschaut und das Lächeln fand zu mir. Plan war, um 15:05 Uhr auf die Laufstrecke zu gehen, denn dann hätte ich knappe 7 Stunden Zeit für den Marathon und könnte ihn fast walken und würde das Ding trotzdem nach Hause bringen. Mit dem Gedanken auf die Laufstrecke von „nur“ noch einem Marathon zu gehen, war wundervoll.

Start Run: 15:13 Uhr

Hier fing das absolute Auf und Ab an. Zum Einen standen im Grunde komplett über die gesamte Runde immer wieder Bekannte, die mich anfeuerten, die an mich glaubten, die mich weitertrugen - und das war wesentlich wichtiger bzw. intensiver als auf dem Rad, wo ich sie und sie mich manches Mal auch gar nicht so schnell wahrnehmen konnten. Zum Anderen machten sich besonders jetzt die Magenprobleme bemerkbar. Die Folgen vom Enervit-Iso waren bei jedem Schritt merkbar. Bei jedem Schritt gab es einen Stich in die Magengegend. Aber was sollte ich? Ich hätte zwar prinzipiell schnell walken können und hätte es vermutlich auch irgendwie ins Ziel gebracht, aber so ganz Sinn der Sache ist das ja dann auch nicht. Also fing das Drama an, die Gratwanderung zwischen ausreichend trinken, durchgehend so gut es geht kühlen und nicht zu viel oder das falsche trinken... Gel zu nehmen hatte ich aufgrund des Magens etwas Schiss vor, habe es also im Prinzip schon zu Beginn der 42km abgehakt. So gab es dann ab der zweiten Verpflegung immer eine Mischung aus Cola und Wasser, ab und an wo es eben gab, gesalzenes Wasser. Kein Gel und vorerst kein Iso.

Das befürchtete Eierlaufen blieb aus. Von Beginn an lief es - wenn man den Magen ausblendet - recht rund. So bin ich auch schnell im den Rhythmus reingekommen, an der Verpflegung zu gehen, etwas ausgedehnter manchmal, zwischen den Verpflegungen konsequent zu laufen. Hat funktioniert. Das Supporterteam hatte Schwerstarbeit, wie sie hinterher verrieten, da ich mit den anderen Vereinskollegen teilweise so ungünstig jeweils auf den gegenüberliegenden Mainseiten lief, so dass sie kaum schafften, immer vor Ort zu sein. Aber es war toll. Immer wieder jemanden zu sehen. Auf der ersten Runde musste ich mir einerseits erst einmal die Strecke anschauen, andererseits schauen, wer so an der Strecke stand, da ich mein Outfit nicht groß gepostet hatte und mich nicht jeder unbedingt erkannte. Auf Runde 2 stand mein Schatz mit Vater, Bruder und nem Freund plötzlich am Ende der Hinrunde. Das war toll. Die Fotos zeigen, dass ich glücklich war und ich sah auch noch gar nicht so fertig aus. Allerdings hatte ich für die ersten 11,5km in etwa 1h23 benötigt, was natürlich nicht wirklich gut war. Ich war dennoch relativ zufrieden wie es lief, dass es überhaupt noch lief.

Es war nur so war, dass die Kühlung nur gefühlt 100m bis nach der Verpflegung reicht und dann wieder verdunstet war. Aber irgendwie war such das ganz erträglich... den Montag danach machte mich die Wärme, die laut Aussage geringer war als am Sonntag, mehr fertig... Gut, mein Freund war extra noch an die Strecke gekommen, obwohl er abends auf ein Konzert gehen wollte. Er versprach, er sei noch eine Runde da und verabschiedet mich dann quasi auf die letzten Kilometer. Ihm tat es glaub ich schon sehr leid, dass er im Ziel nicht da sein konnte, aber es war schon ganz lange bekannt, so war es für mich nicht ganz so schlimm. Ich wollte viel mehr, dass er den Abend dennoch genießen konnte und es freute mich so wahnsinnig, dass er trotzdem den Zeitstress noch auf sich genommen hatte und an die Laufstrecke gekommen war. Da fing ich dann aber auch an zu rechnen, wann ich spätestens wieder dort sein sollte, dass er noch pünktlich zum Konzert käme, und hab mich auf der zweiten Runde echt nochmal mehr zusammengerissen und bin deutlich mehr gelaufen. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass sie nicht mit dem Auto waren, sondern Bahn gefahren waren und die nur alle halbe Stunde fuhr. Egal, so hatte ich einen Antrieb und konnte das gut durchziehen.

Runde 2 war also die beste des Tages. Was das bewirken kann, wenn man nicht nur für sich kämpft, sondern sich irgendwas oder irgendwem verpflichtet fühlt. Schon lustig, zu was man dann doch wieder imstande ist zu leisten. Ich wurde dann auf den Weg ins Ziel geschickt mit den Worten, wenn ich das so durchziehe, wäre ich vor 21 Uhr im Ziel.... Das vernahm ich als Auftrag und machte mich auf den Weg. Der Gedanke, dass ich das ganze Projekt zu einem guten Ende bringen kann, der hatte sowieso schon festgesetzt. Gerechnet hatte ich noch 2,5 Stunden Zeit für 13km etwa... das sollte machbar sein, wenn ich mich nicht ernsthaft verletze. Da war das zusätzliche Zeitziel ein Bonus.

Leider wurde dann auch der Durst so groß, dass ich dem nachgegeben habe und zu viel, das falsche und überhaupt auch Iso getrunken habe.... Toller Mist. Dummheiten, die man macht, obwohl man genau weiß, dass sie richtig dumm sind, sind die bescheuertsten. Iso führte unweigerlich zu richtig stechenden Magenschmerzen, dazu zu viel getrunken verstärkte das Ganze, so dass ich die dritte Runde mehr als die Hälfte gegangen bin, bis ich dank umgesetzter Tipps von nem Vereinskollegen für die 4.Runde das ganze Drama wenigstens wieder soweit in den Griff bekommen konnte, dass ich einigermaßen laufen konnte, was ich dann nach alter Manier der ersten beiden Runden tat.

Und da fing es an zu rechnen in meinem Kopf. Die 21 Uhr waren trotz der bescheidenen Runde 3 noch machbar, wenn ich mich jetzt nur etwas am Riemen reißen würde. Da ich mir als Startzeit die 6:55 Uhr gemerkt hatte, versank mit jedem Gehschritt der Gedanke, ich könne es auch noch unter 14 Stunden packen, langsam aber sicher hinterm Horizont, bis ich ihn abgehakt hatte.
Dann hatte ich das vierte, das rote Bändchen um den Arm gelegt bekommen. Die finalen Gefühle wollte ich mir aber noch nicht eingestehen, sie noch nicht zulassen. Klaus gab mir beim Ausgang aus dem Park noch mit auf den Weg, ich solle den Zielkanal voll mitnehmen und aufsaugen. Jetzt noch einmal über die Brücke, dann waren es noch etwa 1-2 km und ich hatte das Ding erfolgreich hinter mich gebracht... erwähnte ich es schon mal? Ich als ausgekochte Couchpotatoe vor gut 8 Jahren? ... Auf der Brücke schloss ich meinen Anzug und ließ langsam das Gefühl aufkommen, dass ich es tatsächlich gleich geschafft hätte, dass ich gleich rechts abbiegen dürfe in den Zielkanal, hinauf zum Römer, zur Finishline.

Ich glaube, ich habe diesen Gedanken noch nicht zu ende gedacht, da war er da, dieser Moment, als die Weggabel vor mir lag und ich dem Zuweiser dort meine 4 Rundenbändchen zeigte, er mir mit auf den Weg gab, meine Nummer nach vorne zu machen. Und dann tauchte ich ein in den Zielkanal. Ein schmaler Kanal, umsäumt von Menschenmassen, die mich aufnahmen, die in dem Moment nur mir zujubelten. Ich breitete die Arme aus und ließ es auf mich wirken. Ich bekam nichts mehr mit außer diese Stimmung. Das Ziel kam näher, ich klatschte alle Hände ab, die sich boten, lief rechts, sah das Ziel näher kommen. Sah den Moderator, nahm aber auch den Satz YOU ARE AN IRONMAN nicht wahr. Dann klatschte ich den Moderator ab und lief die letzten zwei Meter durch den Zielbogen. Ich wusste keine Zeit und keine Uhrzeit, dennoch war es mir klar, dass ich den Auftrag erfüllt hatte und vor 21 Uhr diesen alles entscheidenden Schritt machte. Ich drehte mich um und wartete auf die Anzeigetafel, die meinen Namen zeigte und was ich dann sah, trieb mir unkontrolliert die Tränen in die Augen, nahm mir den Atem und ich hatte das Gefühl zu explodieren. Es stand die 13 vorne.... DIE DREIZEHN..... ein Traum wird wahr. Ich habe meine erste Langdistanz gefinished, ich habe mich zum IRONMAN schlagen lassen.... alle Anspannung, alle Anstrengung war vergessen. Das pure Glück sprudelte aus allen Poren. Zugleich seh ich auf den Fotos sehr fertig aus. Eine fantastische Mischung aus purem Glück und völliger Erschöpfung.

End Run: 20:54 Uhr

Offizielle Zeit (42,195 km laufen): 5:40:41 (8:04 min/km) (Und selbst das ist nur 10-20 Minuten langsamer als das, was ich erwartet und erhofft hatte für meine Laufzeit)

——— FINALE ———

I DID IT, I AM AN IRONMAN!

Offizielle Zielzeit: 13:56:55

Es war eine Achterbahn der Gefühle. Wahnsinnig intensiv. Und ich bin wahnsinnig zufrieden, glücklich, ... Es ist kaum in Worte zu fassen... es ist nicht greifbar... aber es ist der Hammer....