28. Oktober 2018 // Ende Oktober war es wieder soweit. Lauf Nr. 3 auf dem Weg zur ewigen Startnummer sollte angegangen und erfolgreich bestritten werden. Auch nach dem Finish der Langdistanz hatte ich mir für den Rest der Saison mit Manu noch einen Trainer gegönnt. Zum Einen war ich schon gut dran gewöhnt, dass ich einfach nur machen, aber nicht auf noch denken musste beim Training, zum Anderen wollte ich einfach wissen, wie sie es macht und wie ein Marathontraining aussieht.
Ich konnte mich allerdings nach der Trainingszeit leistungsmäßig überhaupt nicht einschätzen und erwartete dementsprechend eigentlich nichts. Ich stand an der Startlinie und hatte einfach vor zu laufen. Wirklich lange Läufe hatte Manu mir nicht aufgeschrieben, dafür aber immer noch recht viele Rad- und Schwimmeinheiten. Den Plan hatte ich auch bis auf ein paar Ausnahmen recht gewissenhaft abgearbeitet - soweit es die Arbeit eben zuließ. Da war sie also, die Startlinie. Von den Vereinsleuten habe ich wenig gesehen - eigentlich nur Oli an der Startlinie. Dafür hat ein Freund an dem Tag sein Marathondebüt gegeben. Und da war er, der Startschuss... es ging wieder einmal los auf die lange Reise durch Frankfurt. Der Plan war wie letztes Jahr, hinter den Pacemakern zu starten, mich dann vor sie zu setzen und diese Position zu halten. Wiederum war dieser Plan aber recht schnell hinfällig, da die Ballons nicht gut eingereiht waren. So kam die 4:15, dann die 4:30, die 4:45, die mit einer 4:15 zusammenlief... also musste ich das wohl einfach wieder ignorieren und reihte mich nach Gefühl in die Läufermassen ein. Gedacht, getan.
Entgegen der vorherigen Starts fand ich schnell mein Tempo, ich musste nach niemandem Ausschau halten, fand meine innere Ruhe und konzentrierte mich auf mich und mein Inneres. So zogen die Kilometer relativ unspektakulär an mir vorbei, einer nach dem anderen. Bis zur Versorgung bei km15 lief ich durch, schaffte es kleine Schlücke zu mir zu nehmen, nicht zu viel, nicht zu wenig, die Laufbedingungen waren gut. So erreichte ich die Halbmarathonmarke und die Brücke, die mich auf die Uferseite des Zieles zurückbrachte. Dort hatte ich einen kleinen Tiefpunkt und marschierte ein paar Meter. Glücklicherweise fand ich aber schnell zu mir zurück, nachdem ich auch die erste Hoffnung, dass mein Partner vielleicht doch noch an die Strecke käme, aufgegeben habe. Ich hatte einen guten Rhythmus, lief und versorgte mich nach selbst auferlegtem Plan, legte keine längeren Gehpausen an den Versorgungen ein, ich fühlte, dass es einfach gut lief und in diesem Gefühl suhlte ich mich. Dieses Gefühl durchströmte mich von oben bis unten und hielt Motivation und Kraft bei der Stange.
Ende der Mainzer Landstraße wurde es schwerer. Das Ziel kam näher, aber ich merkte auch langsam die Strecke in den Beinen. Und dann kam das Ziel... leider erstmal nur von der Seite und vorher durfte man abbiegen... um die letzten 5km zu laufen. Ein kleiner Stich, eine kleine Motivationslücke, die sich aber schnell schloss, denn kurz hinter mir sah ich sie, die Pacemakerballons, hörte ihre Unterhaltung und versuchte mich, auf mich zu konzentrieren. Eine gute Strecke lief ich neben ihnen her, ließ mich von ihnen ziehen und ließ mich drauf ein, ihrem Schritt aufzunehmen. An der nächsten Versorgung konnte ich sie wieder etwas hinter mir lassen. Sie diskutierten mit Läufern, dass sie auf relativ pünktlicher Zielzeit unterwegs waren. Zwei, drei Kurven später geschah es dann aber, dass sie an mir vorbeizogen und ich sie ziehen lassen musste. Ich ging nicht, aber ich wurde langsamer - oder sie schneller? Ich weiß es ad hoc nicht, ich weiß nur, dass ich über 42km extrem konstant unterwegs war.
Und dann war er da, der Moment, in dem ich mich zusammenreißen konnte, das kleine bisschen Kraft fokussieren konnte, als mir bei dem Blick auf die Uhr und ein bisschen Rechen-Hirnleistung klar wurde, dass ich ein Ziel erreichen könne. Aber nur, wenn ich mich nun am Riemen reißen und laufen würde. Ab dort war es hart und zugleich mit jedem Schritt emotionaler. Ich ließ den Gedanken noch nicht zu, denn es waren noch zu viele Meter bis zur Ziellinie. Als die Strecke aber rechts abbog, man nur noch am diese Straße entlanglaufen musste, um dann links Richtung Festhalle abzubiegen, kämpfte ich wieder einmal mit den Tränen. Das Glück schwoll in mir hoch, die Kehle schnürte etwas zu, das Herz fing an zu klopfen, als klar war, dass es mir keiner mehr nehmen konnte - außer ein Sturz. Die Schritte wurden automatisch länger, eine Mischung aus Heulen und Grinsen setze sich auf mein Gesicht und endete im halb unterdrückten Gefühlsausbruch in der Festhalle. Endlich diese sagenumwobene Faszination, die die Medien immer versprechen.... aber nur, weil ich meine erste magische Grenze von 4:30 Std. durchbrach. Ein wenig getrübt, weil mein Partner wirklich nicht an die Strecke gekommen war. Und schnell durchmischt mit den Wehwehchen, mit denen sich der Körper nun schnell meldete... ich war ja auch nur 25 Minuten schneller als beim letzten Marathon - das darf auch mal weh tun... Wow!