2016 - 70.3 Kraichgau

05. Juni 2016 / Mitteldistanz - Die Kleine unter den fast Großen. Heute sollte es endlich soweit sein, die halbe IRONMAN-Distanz galt es, zurückzulegen.

Bereits im Frühjahr ging das Training los. Wieder ein Radfahr-Urlaub, in dem ich merkte, dass die Beine nicht so wollten wie gewünscht und mir die zwei Monate, die ich im Winter mit der Gesundheit zu kämpfen hatte, schon sehr fehlten. Durchaus auch die MTB-Touren, die damit ausfielen. Nichtsdestotrotz war immer Gelegenheit und ausreichend Regenpause - zugegebenermaßen war das Wetter dieses Jahr arg träge mit seinen Temperaturen und wechselhaft - um regelmäßig auf Radausfahrt zu gehen. So zogen sich die Monate dahin und plötzlich war es schon Anfang Juni und die Tasche für den großen Tag - oder den großen halben Tag - wurde gepackt.

Samstags Rad-Check-In. Direkter Kurzflug vom Bruder rüber an die Wettkampfstrecke. Startnummern abholen, Vereinskollegen treffen, auf die Wettkampfbesprechung warten, sich über die Zeitplanung des Veranstalters ärgern, keinen Hunger auf die bereits begonnene Pastaparty haben, auf später warten. Nach der Wettkampfbesprechung hieß es dann erst einmal: rüberfahren zum Check-In. Gesagt.... nicht getan. Auf dem ohnehin schon eingematschten "Parkplatz" bzw. der Parkwiese hatte sich ein Wohnmobil festgefahren. Der Bitte nach Unterstützung konnten wir nicht entkommen ^^ und so war nach knapp einer Stunde und einigem Hin und Her des Wohnmobils, erneutem Festfahren, interessanten Fahrmanövern und viel Wohnmobil-Schaukeln dieses befreit und stand auf festem Asphalt. Direkt danach ging es dann aber doch zum Check-In. An eine laaaaaaaange Schlange von Fahrrädern, deren Besitzer diese auch alle einchecken wollten. Juppieh. Die Pasta-Party war damit endgültig in eine unerreichbare Ferne gerückt. Aber da mussten wir nun durch und kamen es auch. Um halb 10 waren wir nach Einrichten der Wechselzone und -beutel hungrig zurück im Hotel mit dem dringenden Bedürfnis noch etwas zu essen, aber uns nicht mehr weit wegbewegen zu wollen. So gab es das völlig typische Chinabuffet als Carboloading vor dem großen Wettkampftag ^^

Auf los geht es los. Kurz vor 7 Abfahrt in Richtung See. Dort nochmal alles sichten und richten. Das Frühstück hat nicht geschmeckt, aber man muss ja was essen. Vor lauter Aufregung war mir schlecht. Das hat sich auch am See nicht geändert, der Körper hat nicht so funktioniert wie ich es kenne. Naja, ein wenig die Atmosphäre genießen, sich fertig machen, Neo an, zum Startbereich. Start der Profis, eine Minute verzögert, direkt danach die Profifrauen und schon konnten wir ins Wasser, die Altersklassefrauen. Gefühlt war man nicht mal ganz im Wasser - 3 Minuten sind schon echt eine kurze Zeit - und schon ertönte der Kanonenschlag zum Start. Da hatte man nicht mal Zeit, darüber nachzudenken, ob das Wasser nun kalt ist oder nicht. Es hieß nun einfach erst einmal: 1,9km schwimmen. Also einen schönen Platz gesucht, etwas an der Seite und in den Schwimmrhythmus finden. Gesagt, getan. Einen Kurs raus auf den weiten See - von außen sieht die Strecke echt ganz schön lang aus... erst einmal 800m nur geradeaus. Bei km 1 kamen dann die Schnellsten der Nachfolgegruppe und überholten in einem irrwitzigen Tempo. Sie schienen durchs Wasser zu fliegen. Sie hatten auf 1000m aber auch etwa 5 Minuten aufgeholt. Und auch erst die waren es, die einem auf die Füße schlugen. Davor war echt Ruhe. So ging es dann bis zur Gegengeraden weiter. Es kamen welche von hinten, ich ließ welche hinter mir und schwamm auf ein paar der Profis auf, die an den farbigen Badekappen erkennbar waren. Eh man sich versah, war dann schon die Gegengerade erreicht und es ging nur noch zurück an Land. Da nicht viel Geschlage und Getrete war außer von einigen schnelleren Männern, die es scheinbar vermieden, mal nach vorn zu schauen, waren die 1,9km bequem und gemütlich im eigenen Tempo und eigenen Rhythmus zu absolvieren. Es ist ja auch jedes Mal wieder ein wunderbarer Start, wenn man erst einmal 'ne Runde schwimmen gehen darf. Das Land kam also näher und schon sah man Grund unter sich und durfte sich wieder in die Vertikale bewegen. Auf der Brücke, an der man zur Wechselzone vorbeilaufen musste, sah ich dann schon die Vereinskollegen, bzw. hörte sie rufen, zum Sehen bin ich im Wettkampf zu sehr im Tunnel. Sie schienen dann auch schon etwas überrascht, dass ich schon wieder da war. Als erste Frau unserer Vereinstruppe kam ich aus dem Wasser. Sehr schön, besonders da klar war, dass die anderen mich auf dem Rad einsammeln würden.

Also schnell Neo ausziehen, Badekappe und Schwimmbrille zurücklassen und für eine schöne Radausfahrt fertig machen. Eine Radtour im Land der 1000 Hügel. Ruhig einrollen, nicht überziehen, schließlich lagen 90km mit (in meinem Kopf) 800 Höhenmetern vor mir. In Realität waren es zwischen 1000 und 1100 Hm, aber das war für mich nicht so. Ich kam gut aufs Rad, konnte mich sauber einrollen und dann kamen auch schon die ersten Hügel. Die ersten .... lass es 15 km sein waren relativ flach. Danach hieß es: bergauf, bergab, einfach strampeln. So geschehen. An den Verpflegungsstellen immer anständig die Flaschen ausgetauscht, immer nur eine voll aufm Rad - man muss ja Gewicht sparen - und zugesehen, auch immer ordentlich zu trinken und sich zu ernähren. Bei der 2. Verpflegungsstelle dann auch dem Wunsch des Körpers nachgegeben und eine Colaflasche gegriffen. Diese dann allerdings auch erst nach der dritten Verpflegungsstelle angefangen zuzuführen. Kurz vor der ersten Verpflegungsstelle kam mir dann Frodeno auf seinem schicken Rad entgegen. Er war da allerdings auch gerade auf einer Abwärtsstrecke, so dass man das kaum wahrnehmen konnte und ich nur darauf aufmerksam wurde weil die Führungsfahrzeuge anzeigten, dass nun gleich jemand wichtiges kommt. So ging es weiter und weiter. Gefühlt kam bei jeder Abfahrt, bei der man sich dann darauf freuen konnte, etwas zu entspannen bzw. etwas laufen zu lassen, eine relativ enge Kurve, Kopfsteinpflaster oder irgendwas anderes, was einen jedes Mal wieder stark abbremsen ließ. Nebenbei hatte man immer Zeit, sich die Gegend anzusehen und die frische Luft zu genießen, wie man es auf einer Ausfahrt eben so macht. Natürlich kamen vermehrt die schnellen Athleten, großteils mit ihren dicken Maschinen, Scheiben, etc. Das störte mich aber nicht, da ich mein Tempo fuhr und mich soweit gut fühlte. Und ein paar wenige konnte ich schließlich auch einsammeln. Dann kam der Zeitpunkt, wo ich daran dachte, dass ich danach ja noch einen Halbmarathon laufen müsste und dachte, dass ich mal langsamer machen müsste, um heil und noch einigermaßen fit in die zweite Wechselzone zu kommen. Aber irgendwie habe ich das dann auch einfach wieder vergessen - wie mir im Nachgang zum Wettkampf aufgefallen ist. Ab km 60-70 etwa kam für mich der letzte Hügel, und dann noch einer und noch einer und noch einer. So viele letzte Hügel bin ich noch nie gefahren. Aber so richtig genervt hat es mich nicht. In meinem Kopf gab es ja schließlich auch nur 800 Hm zu bewältigen ^^. Aber irgendwann kam der letzte Anstieg wirklich, nachdem es nochmal 1-2 richtig ekelige Anstiege gab. Dann hieß es nur noch heimrollen. Und schon war die zweite Wechselzone erreicht. Schon war zwar gut, schließlich saß ich zu der Zeit gut 3 1/4 Stunden auf dem Rad. Aber es hat sich nicht so angefühlt. Also eigentlich alles richtig gemacht. Rad abgeben, zweiten Wechselbeutel greifen und zum Laufen fertig machen.

Rauslaufen auf die Strecke. Der Zulauf tat gut, es fühlte sich gut an, ich musste das Lied mitsingen, welches dort gerade lief, einfach grinsen und mich gut fühlen. Auf der Laufstrecke angekommen, kam gerade die Durchsage, dass die erste Frau im Ziel einlief. Aber auch das störte mich nicht. Schließlich ist es ihr Beruf, schnell zu schwimmen, Rad zu fahren und zu laufen, ich hingegen betreibt das rein als Hobby. Nun galt es für mich noch 3 Runden zu absolvieren. Etwa 7 km pro Runde. Runde 1 war zum Kennenlernen der Strecke. Es gab was zu essen, zu trinken, Musik, eine abwechslungsreiche Strecke mit Anstiegen, abfallendem Gelände, durch die Stadt, durchs Wohngebiet, durch einen Park. Ja, es war schön, dort zu Laufen. Auf der Brücke standen Jungs mit Posaune und Trommel und haben Party gemacht. Und schon hatte ich auch schon die erste Runde hinter mich gebracht. Man hat ja schließlich viel zu tun und viele Eindrücke zu verarbeiten, wenn man in einer neuen Stadt und auf einer neuen Strecke läuft. Und noch hatte mich auch keiner der männlichen Vereinskollegen überholt, die 50 Minuten oder so nach uns gestartet waren. Alles gut, so war das geplant. Auf Runde 2 war es dann schon richtig lustig, denn mir fiel nach etwa einer viertel Runde auf, dass ich überall, wo ich nun gerade laufe, danach ja nur noch einmal vorbeikomme. Das fühlte sich gut an. Die Jungs auf der Brücke spielten dann schon wieder den Narhalla-Marsch, als ich an ihnen vorbeikam. Da konnte ich nicht anders als ihnen zuzurufen "Helau!". Die haben vielleicht doof aus der Wäsche geschaut. Da musste ich selbst lachen. Aber ich hatte ja auch einfach Spaß. Schließlich musste ich dann ja nur noch einmal bei ihnen vorbei. Auf der Rücktour, wo ich wieder bei ihnen vorbeikam, hatten sie aufgehört zu spielen. Schade eigentlich. Allerdings kam dann dort auch so langsam die Phase, wo ich keine Lust mehr hatte auf diese ganzen lauten Geräusche. Das war auf dem Rad schon manchmal echt anstrengend. Aber schließlich ist es ja andererseits auch schön, wenn sich die Leute am Straßenrand über komische Leute freuen, die bei warmem Wetter sinnlos durch die Gegend fahren und laufen, einfach weil es ihnen Spaß macht. An den Verpflegungsstellen habe ich mir immer gegönnt, im Gehen mein Becherchen zu trinken und das andere über den Kopf zu schütten. Es war schließlich schon echt warm. Zwar hatte man meinen Wunsch erhört und es hatte zwischenzeitlich geregnet, was zu einer guten Abkühlung geführt hat, aber es war dennoch echt warm. Auch die Anstiege bin ich brav gelaufen. Und es hat sich gut und verhältnismäßig leicht angefühlt. Auf der letzten Runde hab ich den Anstieg vor der Verpflegungsstelle allerdings gehend zurückgelegt, weil mein Kopf das gesagt hat, dass ich mir das verdient habe. Im Nachhinein hätte ich den auch laufen können, aber bis dahin hatte ich alles sehr zu meiner Zufriedenheit absolviert. Die Jungs kamen in der zweiten Runde und haben mich einkassiert. Auch voll im Plan. Ich war zufrieden. Und dann musste ich nur noch nach Hause laufen. Zwar zog sich das, weil ich mir in den beiden Runden vorher nicht merken konnte, wo welche Verpflegungsstelle ist und wie weit dann welcher Weg noch ist, aber ich konnte das Ziel ja nicht verfehlen. Schließlich hatte ich ja auch meine Bändchen am Arm, die mir sagten, dass ich es gleich geschafft hatte. Dann überholte mich allerdings noch ein Athlet, wo ich es dann vorgezogen habe, kurzzeitig seeeeehr langsam zu machen. BÄH - das werde ich so schnell nicht vergessen. Aber auch das war dann bald außerhalb meines Blickfeldes und ich konnte mich darauf konzentrieren, nach Hause zu laufen. Als ich dann in den Zielkanal einbog, spielten sie gerade Helene Fischer, Atemlos. Oh je, warum? Aber in dem Moment machte selbst dieses Lied Gänsehaut. Da war alles egal und ich war kurz vorm Heulen. Es war toll. Ich hatte es geschafft. Und das auch noch in etwa der Zeit, die ich mir vorher ausgedacht habe. Nach gut 6,5 Stunden kam ich ins Ziel. Geil. Und es hat sich vielleicht wie 3 Stunden angefühlt. WOW.

Das war dann also mein 05. Juni 2016. Und ich freue mich heute schon auf den nächsten längsten halben Tag. Es macht richtig Spaß. Auch die Erschöpfung hielt sich in Grenzen. Muskelkater gab es so gut wie keinen. Perfekt. Und irgendwann kann ich auch gescheit laufen - da ist noch die meiste Zeit drin ^^. Aber eins nach dem anderen.

Ich werde Wiederholungstäter werden, das steht fest!!!!!!