11.Juni 2018 / Mitteldistanz - It‘s the final countdown.... Nächste Station: Frankfurt Ironman.
Der Test ist erfolgreich absolviert. Wie angekündigt melde ich mich nach dem Wochenende. Ich bin zwar nicht sicher, ob ich es schon schaffe, meine Emotionen in Worte zu packen, aber ich versuche es. Der Hunger kommt beim Essen, also vielleicht die Hingabe beim Schreiben?
Freitagnachmittag hieß es, die Vorbereitungen zu treffen und die Packliste wieder einmal durchgehen. Über lange Sachen musste ich mir keine weiteren Gedanken machen, denn alle Prognosen waren eindeutig: 27-30°C, wenig Wolken, Gewitter war auch nicht angekündigt. Und selbst wenn letzteres gekommen wäre, wäre es nicht kalt gewesen. Immerhin der Vorsichts halber hab ich nen Trikot und ne Windweste eingepackt. Vielleicht käme ich ja auf die Idee, irgendwas davon aufm Rad anziehen zu wollen. Das Packen an sich war sonst wie üblich recht unspektakulär... irgendwie geht man doch alle Stationen und Disziplinen durch. Es hat alles eine gewisse Routine.

Da lag sie nun also wieder, die Ausrüstung für das Wochenende im Land der 1000 Hügel. Samstagvormittag ging es auf die Reise und in das erneute Abenteuer. Erstmal ankommen, Registrierung überstehen (Ironman hat wohl spontan 400 Starter mehr zugelassen und entsprechend voll und chaotisch war die Registrierung) und dann die anstehenden Aufgaben wie Rad-Checkin, Wettkampfbesprechung, Pastaparty, Trainingspartner, Kollegen und Freunde treffen koordiniert bekommen. Gar nicht so einfach dieser Tag, insbesondere, da im Kraichgau Registrierung, WZ1, WZ2/Ziel und Rad-Checkin ca. 5km voneinander entfernt liegen und zum Teil die direkten Routen zwischen beiden Standorten schon gesperrt sind. Zudem ist ja alles an irgendwelche Zeiten gebunden. Aber auch hier waren wir nicht zum ersten Mal und so war es schon wieder alles ein wenig entspannter. Gegen 13 Uhr meine Registrierung erfolgreich erledigt, dann 14 Uhr nochmal die Reg von Freunden begleitet. Dabei die Warteschlange in der Sonne genossen... anschließend schnell zur Pastaparty und sich den Bauch vollschlagen. Dann hieß es, rüberfahren zum Radcheckin, schnell kurz vorher die Beutel für die beiden Wechsel füllen, denn die mussten auch bereits an dem Tag mit abgegeben werden. Aber auch hier hat sich bereits eine gewisse Routine eingestellt. Das Trikot hat sogar seinen Platz gefunden im Wechselbeutel fürs Radfahren. Ich habe zwar nicht so richtig daran geglaubt, dass ich es wirklich brauchen würde, aber abends im Hotel habe ich es auch nicht gebraucht, also rein in die Tüte damit. Rad positioniert, Beutel abgegeben und dann erstmal ein Gang in die Wechselzonenecke der Pros :) Räder gucken.
Parallel dazu ging es los mit den Ironkids, die am Samstag noch gestartet sind. Mit dabei ein Trainingskollege bzw sein Sohn. Die Gelegenheit gleich nochmal genutzt, um sich zu treffen. Gleichgesinnte in der verrückten, aber so schönen Welt des Triathlons. Und gleichzeitig war es die Gelegenheit, einen Blick auf den See zu werfen und in das Gefühl einzutauchen, das sich jedes Mal wieder aus Aufregung, Erinnerung, Wohlfühlen und einem Hauch von Panik zusammensetzt. Schön, wieder da zu sein, Erinnerungen an letztes Jahr, wo es gar nicht lief, u.a. auch wegen Krankheit, Vorfreude auf das Bewältigen der Radstrecke mit hoffentlich guten Beinen, Nachdenklichkeit hinsichtlich der Laufstrecke bei angekündigten 28°C.... Eigentlich kann ich all die Gedanken, die mir dort durch den Kopf gingen, gar nicht in Worte fassen.
Morgens um kurz vor 6 Uhr meldete sich der Wecker. Es wäre Zeit aufzustehen. Davon war ich zu dem Zeitpunkt alles andere als überzeugt. Zumal ich nachts um 3:40 aufgewacht bin mit vielen vielen Zweifeln im Kopf und der Frage, was ich eigentlich schon wieder tue... Gut, diese Gefühle gehören auch dazu wie die Luft zum Atmen. Und man ist doch immer wieder drin in der Spirale des Triathlons und kann sich dem nicht entziehen. Wie im Automatismus zieht man sich dann doch die Wettkampfklamotten an, geht zum Frühstück, bemüht sich um eine anständige Grundversorgung für den Tag und macht sich schlussendlich bereit für die Fahrt zum Startbereich. Am Sonntag war wohl das wichtigste an der Grundversorgung, eine ausreichende Flüssigkeitsmenge bereits morgens aufzunehmen, um nicht bereits unterhydriert an den Start zu gehen.
Es lief alles gut, die Fahrt war problemlos, die Gruppe gescheit auf die Autos verteilt und die Autos für den Tag sinnvoll positioniert, um nicht nach der Mitteldistanz noch unnötig eine Radtour zum Auto oder Hotel absolvieren zu müssen, auch wenn Ausrollen bestimmt eine tolle Sache ist. Dank eines wunderbaren Supports an der Strecke durch Nadine, die allerlei Utensilien von uns vor dem Start übergeben bekam, konnten noch ein paar Impressionen am Morgen eingefangen werden, als die Pros bereits starteten bzw. sich langsam der Startbereich füllte und es selbst hoch hieß: ein wenig in der Sonne auf den Start warten.
Los ging es für mich und eine Freundin, die wir quasi zeitgleich starteten, da wir eine ähnliche Schwimmzeit haben, um 9:50, als die Pros bereits längst auf dem Rad saßen und durchs schöne Kraichtal fahren durften. So konnte man aber die unglaubliche Performance von Frodeno und Pohl noch live miterleben und wurde gefangen genommen von der sich steigernden Spannung und ich wollte irgendwann dann doch einfach nur noch ins Wasser und eintauchen in diese Welt und die Strecke hinter mich bringen und sie dabei am liebsten auch noch genießen.
9:50 Uhr. Start, der Sprung ins Wasser. 23,5°C laut offizieller Messung. Kurz durchatmen bis sich das Wasser im Neo verteilt hat. Dann der erste Orientierungsblick. Danach hieß es nur noch schwimmen. Wie üblich war die rechte Seite mir. Nicht nur, damit ich die anderen bei der Atmung sehe, sondern auch weil ich meine Ruhe mag und der Schwimmkurs im Uhrzeigersinn angelegt war. So konnte ich von Boje zu Boje schwimmen und kam auch nicht in Versuchung, die Bögen mitzuschwimmen, die ein Großteil des Feldes vor und neben mir mit einbaute. Eigentlich war das Schwimmen auch recht unspektakulär. Hier und da schwammen sie mal quer, wenige Male bekam ich Hände ab. Ich hatte meinen Rhythmus und konnte den ganz gut beibehalten. Nach vielleicht 1,5km kam ein Staffelschwimmer von hinten und überschwamm mich dermaßen, wo mir auch nur noch die Kinnlade runterklappte und mir nicht allzu nette Worte durch den Kopf gingen. Wahrscheinlich war er so hochmotiviert und sowieso so viel schneller als diejenigen, die die ganze Strecke alleine absolvierten, aber von sportlicher Fairness hatte der werte Herr dann wohl noch nicht viel gehört. Bei den letzten beiden Bojen hab ich aufgrund der Sonne und dem Spritzwasser der vorausschwimmenden Athleten wenig gesehen und mich dann doch etwas verschwommen. Ingesamt war ich mit dem Schwimmen zufrieden. Auf die Uhr geschaut habe ich zu dem Zeitpunkt aber nicht. Ich wollte mir dieses Gefühl nicht nehmen.
Nächste Station: Rad. Im Wechselbereich hat alles gut geklappt und nach 3 Minuten saß ich auf meinem schönen Argon, welches mich durch die Hügel und die Strecke begleiten sollte. Gleich einen Schluck aus der Gelbombe, etwas Flüssigkeit hinterher. Immer auf gute Verpflegung achten war eigentlich meine mir selbst gestellte Hauptaufgabe an diesem Tag. Und dann eben schauen, was die Beine mögen und wo die Grenzen sind, die ich hoffentlich nicht erfahren würde. So war es dann auch. Ich konnte gut Druck auf die Pedale geben, den ersten Abschnitt bis zum Start der Hügelstrecke auf dem Aufflieger gut Weg und auch Plätze gut machen, ohne dabei zu überpacen. Eigentlich lässt sich das Radfahren schnell zusammenfassen mit: es ist nichts wesentlich nennenswertes passiert. Ich konnte die Anstiege gut fahren, habe einige Athleten überholt - selbst bergan, und das ich. Schöne Boliden dabei. Ist schon ein gutes Gefühl, wenn man selbst ein hochgetuntes Rad mit Scheibe und allem stehen lassen kann. Mit ein paar Mitstreitern habe ich mir gefühlt durchweg den belgischen Kreisel geliefert. Dann haben sie mich überholt, sich vor mich gesetzt, Gas rausgenommen oder was gegessen/getrunken, dann hab ich sie wieder überholt. Zwischendurch hat es mich genervt, andere Male fand ich es nur lustig. Irgendwann in den letzten Kilometern hat sich die Spur allerdings verloren. Dabei weiß ich nicht mal, wer jetzt letztendlich wen das letzte Mal überholt hatte. Ein Athlet ist mir dabei jedoch immer wieder ins Auge gefallen - leider aufgrund des bei Triathleten ungewöhnlichen Aspektes der doch recht ausgeprägten Achselbehaarung. Das war dann immer ein nicht so schöner Anblick, aber zum Glück war bei den Überholvorgängen, bei denen er an mir vorbezog, immer ausreichend Abstand.
Dank eines Freundes hatte ich einen doch sehr hilfreichen Spicker auf dem Lenker... das Höhenprofil der Strecke, welches zwar nur von 860Hm spricht, aber immerhin hat es einigermaßen angezeigt, wo die Rampen kommen, die in die Beine schießen könnten, und wo man es doch mal ein paar Meter mehr genießen könnte, einfach mal zu rollen. Einmal hat mich auf einem abschüssigen Teilstück ein Athlet mit Affenzahn rechts überholt und irgendwas vor sich hingemotzt, weil dort die Strecke gerade auch mal wieder recht voll war, wobei ich auch nur im kurzen Schockmoment dachte: „Das hätte auch anders ausgehen können“. Wer denkt denn daran, dass von rechts hinten einer kommt und wäre ich zu der Zeit rechts rübergezogen, wäre er übel in mich reingecrashed und wir hätten das Rennen vermutlich nicht mehr reguläre beendet. Manchen ist das Hirn dann doch mehr abgeschaltet als anderen. Schade. Aber wenn alles fair und strukturiert zuginge, bräuchten wir keine Kampfrichter. Die zu sehen, war auch immer ganz schön. Zu wissen, dass es doch noch wen gibt, der unterwegs ist und ausgiebiges Gelutsche im Windschatten ahndet. Ich wurde auch einmal ausgehupt, weil ich nicht aktiv genug am Überholen war. Eigentlich wollte ich zu der Zeit gar nicht überholen, aber die Strecke war so voll und derjenige, neben dem ich dann halb fuhr, hatte sich kurz vorher in geringem Abstand vor mich gesetzt und war dann langsamer geworden. Eine ähnliche Situation hat bereits letztes oder vorletztes Jahr dort für mich zu einer Zeitstrafe geführt, und so war ich froh, dass es nur zu einem Anhupen führte. Ein weiterer Mitstreiter ist gefühlt 40km mit Platten hinten gefahren. Er wurde angesprochen, dass er nen Platten hatte, wusste es auch selbst, ist aber trotzdem weiter. Die Felge tat mir schon ein wenig Leid. Man sieht also: ich hatte Zeit auf dem Rad, mich mit anderen Dingen zu beschäftigen als mit meinen Beinen oder meinem Hintern. Die beiden haben einfach funktioniert und das hat mich zufrieden gemacht.
Ab km60 etwa bekam ich allerdings im linken unteren Rücken einen Haltungsschmerz und es machte sich der Wunsch breit, diesen endlich rauslaufen zu können. Es ist schon absurd irgendwie, dass ich Laufwunder solche Gedanken hege, aber witzigerweise ging es meiner Freundin genauso, wie sie mir später am Nachmittag erzählte, und sie läuft ähnlich gern oder schnell wie ich. Nun denn, als ich die Kapelle von Schindelberg sah, war ich dennoch erfreut, denn ab dort heißt es: runterrollen zur Wechselzone 2. Und das tat ich dann auch und freute mich, dass es bis dahin so gut gelaufen ist. Leider bin ich bei km70 irgendwie auf meinen Knopf an der Uhr gekommen, so dass ich nur 70km mit dem Rad unterwegs war, dafür aber eine Wechselzeit von 47 Minuten habe. Zusammengerechnet aus den offiziellen Zeiten bin ich jedoch auf der Strecke mit den etwa 1150Hm mit einem Schnitt von knapp 28km/h unterwegs gewesen. Geil.
Letzte Station: Laufen. Es war schon brutal warm. Nichts im Vergleich zum Vorjahr, wo es noch etwa 5-8°C mehr waren, aber auch dieses Jahr war kaum eine Wolke am Himmel, die Strecke nicht allzu schattig, bis auf wenige Fleckchen. Gut, angelaufen bin ich gut - und viel zu schnell. Ups. Allerdings hat unser Supportteam mich auch ganz schön auf die Strecke geschickt und irgendwie habe ich mich auch aufs Laufen gefreut. Ich wollte heute den Kampf gewinnen und mir selbst beweisen - für mich und vor allem für das Vorhaben Anfang Juli - dass es auch bei Wärme geht. Also jede Verpflegungs- bzw. Wasser- und Schwammstation mitgenommen. 1 Becher zumindest bis zur Hälfte getrunken, 1-2 Becher über den Körper plus 2 Schwämme. Fühlte sich zwischendurch etwas nach Hirnfrost an, aber im Gesamten hat die Strategie mich gut von Station zu Station gebracht. Und mental funktionierte es auch, die erste Runde als „ich guck mir die Strecke an“-Runde zu sehen, die zweite als „ich muss überall ja nur noch einmal lang“ und die letzte als „jetzt nur noch ins Ziel“. Außerdem habe ich mich schon gefreut, denn es gab wieder die gescheiten Haargummis als Rundenbändchen und auf das Gelbe habe ich mich am meisten gefreut - und nicht nur deswegen, weil es das für die 3. Runde war, sondern weil es einfach eine schöne, freundliche und positive Farbe ist.
Ab Runde 2, zweite Hälfte bin ich dann umgeschwenkt auf mal Iso und mal Cola trinken. Habe sogar 2 Cracker gegessen, weil ich nicht mehr wirklich schwitzen konnte und mir durchaus etwas Salz fehlte, aber ob es zu dem Zeitpunkt noch etwas gebracht hat, bezweifel ich. Jedenfalls weiß ich für Frankfurt, dass ich mich um diesen Haushalt ebenfalls während der Radfahrt bereits kümmern sollte.
Nun, die meisten Vereinskollegen habe ich auf der Laufstrecke gesehen. Das Supportteam war spitze. Und irgendwie hab ich das Ding dann einfach nur noch gut zuende gelaufen. Für die Bedingungen in einer ganz passablen Zeit, mit der ich zufrieden bin. 1-2 Minuten weniger hätte ich vielleicht erreicht, wenn ich mir die kleinen Stiche gegeben hätte und diese hochgelaufen wäre, aber ob mir die Energie dann nicht woanders gefehlt hätte... ich weiß es nicht, aber ich bin nur an den Stellen gegangen - und das nicht mal an allen - an denen ich es mir vorgenommen habe. Und auch nur so kurz wie „unbedingt nötig“. War schon echt auch nen guter Lauf.
Das Fazit: es geht auch bei Hitze. Und es macht auch noch irgendwie Spaß. Vor allem wenn es läuft. Wenn es nicht gelaufen wäre, dann hätte das Ganze wohl anders ausgesehen. Die Probe für Frankfurt in 5 Wochen wird als geglückt abgehakt im Trainingsplan und ich harre der Dinge, die da kommen. Die Radschuhe haben gute Dienste getan, Hintern und Sattel haben sich gut vertragen, die Schuhe (die aber wohl nicht die Frankfurt-Schuhe werden) waren eine gute Wahl, der Einteiler mit Bustier war top... eigentlich habe ich einfach gar nichts zu bemängeln an dem gestrigen Tag. Und belohnt wurden wir mit einer tollen Medaille, einem wunderschönen blauen Finishershirt, einem mal wieder brauchbaren Rucksack, einem tollen Support auf der Strecke durch die Helfer und Zuschauer und zu guter letzt Fotos mit den beiden Weltmeistern aus 2017 und 2016. Und natürlich jeder Menge guter Gefühle und Emotionen, die raus wollen. Einmal bitte die Welt umarmen.
Und nun nehme ich euch mit auf die Reise in die letzten 5 Wochen vor dem großen Tag. Diese Reise wird sicherlich abwechslungsreich, denn - so erklang bisher noch jede Stimme - irgendwann kommen immer die Zweifel und die Gedanken, ob man das schaffen kann und wie es wird an dem längsten Tag des Jahres. Ob nun in Frankfurt, Roth oder Hamburg oder wo ganz anders. Neben der positiven Energie, die ich gestern mitnehmen konnte und dem guten Gefühl, so ein Ding auch bei solchen Bedingungen reißen zu können, habe ich doch auch noch ein gutes Stück Respekt erhalten, denn gestern hätte ich nicht unbedingt nochmal die gleiche Strecke weiterlaufen wollen. Das wird schon durchaus noch ne Nummer. Aber Respekt ist gut und wichtig. In diesem Sinne: lasst uns auf den letzten Abschnitt der Reise gehen.